Testbericht Kiteproshop - Kitebar mit Safetysystem
Test, Text und Bilder von Chris Nickel
Die Kiteproshop-Kitebar vom http://www.kiteproshop.com hebt sich durch das Vorhandensein aller Safety-Funktionen mit außergewöhlicher Bedienung von der Masse anderer Lenkstangen ab.
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Erste Eindrücke:
Die Lieferung der Lenkstange erfolgt ordentlich in einer Plastiktasche verpackt. Zum Lieferumfang gehören eine Lenkstange samt Vorleinen, diese sind bereits befestigt, aber noch nicht eingestellt. Des weiteren findet sich ein großer Wichardhaken mit bereits montierten Auslösestift (Schraube mit roten Plastikkappen = groß).
In einer Extratüte befinden sich einige Kleinteile. Nach einer ersten Orientierung zeigt sich, dass Teile, die man leicht verlieren kann oder die schnell verschleißen mehrfach vorhanden sind. Die Kleinteile umfassen zwei in 8-form zusammengenähte Gurtbänder, die eine sehr einfache Befestigung des Wichardhakens an jedem handelsüblichen Trapezhaken ermöglichen (eines der Gurtbänder ist Ersatz). Zwei Ersatzstücke eines Druckschlauches. Diese dienen als Platzhalter im Gurtband. Zwei Splinte, die den Wichardhaken am Gurtband befestigen (ein Ersatzsplint). Ein weiterer Auslösestifte in kleinerer Ausführung (Schraube mit weißen Kappen = Klein) wird auch mitgeliefert. Wenn man gleichzeitig noch einen Leinensatz bestellt hat, erhält man diesen für Front- und Backleinen in unterschiedlichen Farben (weiß bzw. schwarz).
Schon beim Auspacken hat man das Gefühl ein hochwertiges Produkt in den Händen zu haben. Die Kiteproshop-Kitebar besteht nach Herstellerangaben aus einer Kombination aus Carbon- und Glasfaser. Die beiden Seiten sind unterschiedlich farbig markiert. In der Mitte ist ein poliertes Carbonstück, welche getrennte Löcher für die beiden Frontleinen aufweist. An beiden Lenkstangenenden finden sich zwei Hörnchen, ebenfalls in unterschiedlichen Farben, auf denen die Leinen problemlos aufzuwickeln sind. An den Vorleinen der Backleinen finden sich beidseits Schwimmhilfen, damit die Lenkstange nicht untergeht.
Prinzip:
Im Gegensatz zu anderen Lenkstangensystemen ist bei der Kiteproshop-Kitebar die Adjusterfunktion von den Front- auf die Backleinen verlegt worden. Bei der Einstellung der Adjusterfunktion werden nicht die Frontleinen verkürzt, sondern die Backleinen verlängert und zwar an beiden Leinen getrennt.
Es gibt drei verschiedene Adjuster - Einstellungen:
Viel Druck (voll Power = Backleinen kurz) Die Schlaufe wird um das Ende der Bar gelegt und verklemmt sich sicher von alleine.
Mittelstellung. Die Kugel wird durch die Leinen durchgesteckt.
Wenig Druck (voll Depower = Backleinen lang) Die Kugel liegt am Hörnchen an.
Ingesamt ist der Adjusterweg etwa 10cm und somit mit dem alten Naishsystem vergleichbar. Der Depowerweg an den Frontleinen ist durch eine kleine schwarze Kugel an einer Frontleinen variabel einstellbar. Ich habe die Voreinstellung von ca. 25cm des Herstellers belassen und hatte damit in allen Situationen einen guten Depowerweg.
Dadurch das die Adjusterfunktion von den Front- auf die Backleinen verlegt wurde, ist es möglich eine Frontleine als Kitesafety-Leach zu verwenden. Die Frontleinen laufen durch zwei unterschiedliche Löcher der Lenkstange. Die Frontleine, die als Kitesafety-Leach dient, ist fest, die Andere mit einem stabilen Metallring mit dem drehenden Teil des Wichardhaken verbunden.
Tritt eine Notsituation auf, bei der man allen Druck aus dem Drachen lassen muß, zieht man einfach den gut zu erreichenden Auslösestift am Wichardhaken. Der noch vorhandene Druck im Drachen zieht die Lenkstange mit der Frontleine entlang der zweite Frontleine, die als Kitesafety-Leach dient, nach oben. Dadurch kann der Drachen auswehen und verliert allen Druck. Der Drachen ist aber weiterhin über die Kitesafety-Leach mit dem Kitesurfer verbunden.
Will man sich noch komplett vom Drachen lösen, zieht man den Splint zwischen Wichardhaken und Gurtband heraus. Damit löst man sich von der Kitesafety-Leach und der Schirm ist weg.
Nun fragt man sich, warum so ein kompliziertes System mit zwei Löchern für die Frontleinen in der Lenkstange, Verlegung der Adjusterfunktion auf die Backleinen, usw., notwendig ist. Wenn man Rotationen springt, besteht das Problem, dass sich nach dem Zurückdrehen der Lenkstange, die Kitesafety-Leach um den Depowerloop wickelt. Dann hat man mehrere Möglichkeiten, entweder man springt in die andere Drehrichtung oder man hakt sich aus dem Trapez aus und lässt die Kitesafety-Leach entdrehen und hakt sich wieder ein. Falls man schon einen Wichardhaken besitzt, kann man diesen manuell zurückdrehen. Mit der Kiteproshop-Kitebar ist dieses Problem einfacher gelöst. Man zieht, nach dem Zurückdrehen der Lenkstange, diese einfach an den Körper heran und der Wichardhacken entdreht die Leinen fast vollständig von alleine.
Praxis:
Ich testete eine 60cm Kiteproshop-Kitebar mit einen North Toro 8.0 und North RhinoII 10.0 /12.0. Die Kiteproshop-Kitebar liegt gut in der Hand. Sie ist nicht zu dick und nicht zu dünn und der Grip ist gut. Die Einstellung der Vorleinen erfolgt in gewohnter Weise. Ich habe mir in die Vorleinen der Backleinen zwei Knoten in unterschiedlicher Höhe gemacht und diese entsprechend der Windverhältnissen als Voreinstellung benutzt. Lobenswert ist die Verbindung des Wichardhakens über das Gurtband an den Trapezhaken und die damit verbundene Safetyfunktion. Auch beim Springen kann man sich auch ohne Probleme in den Powerloop einhängen, da der Wichardhaken durch das Gurtband nahe am Trapezhaken befestigt ist.
Ungewohnt war zunächst keine einzelne Adjusterfunktion an den Frontleinen zu haben. Da jedoch der Depowerweg ausreichend lang ist, habe ich die Adjusterfunktion selten benötigt und so hat mich dies nicht gestört und man gewöhnt sich auch recht schnell daran. Depowern ist sehr einfach. Man steckt einen Finger in den Metallring und zieht nach außen. Die Vorleinen rutschen in die Depowerstellung. Die Mittelstellung ist etwas komplizierter. Ich habe sie nur einmal aus Testzwecken auf dem Wasser ausprobiert. Es ist machbar, aber etwas schwieriger. Andersherum, also mehr Druck zu bekommen, ist einfach. Am Anfang sollte man dafür den Kite kurz in den Zenith fliegen, so dass man beide Händen zur Verfügung hat. Nach mehr Übung geht das aber auch während der Fahrt. Eine Einklemmgefahr für die Finger ist durch den zusätzlichen Metallring nicht gegeben. Die Einstellung dauert vielleicht 10 Sekunden.
Das Beste an der Kiteproshop-Kitebar ist die Entdrehfunktion der beiden Frontleinen. Auch nach zwei- oder dreifachen Rotationen, zieht man die Lenkstange an sich heran und der Wichardhaken, entdreht die Leinen. Hervorragend! Hat man sich daran gewöhnt, kann man sich kein besseres System vorstellen.
Die Auslösung des Wichardhakens und die Funktion des Kitesafety-Leach funktioniert im Test am Strand problemlos. Die Lenkstange läuft ohne Hindernisse über Verbindung der Vor- zu den Flugleinen. Der Kite weht vollständig aus. Die Entfernung des Splintes zur Ablösung der Kitesafety-Leach habe ich bei fliegendem Drachen nicht ausprobiert. Da man aber bei jedem Start und bei jeder Landung den Wichardhaken mit dem Splint am Gurtband verbinden bzw. lösen muss, kann ich sagen, dass dies gut funktioniert.
Drei kleine Kritikpunkte stellte ich fest. Erstens ist das mit dem Druckschlauch im Gurtband als Platzhalter noch nicht optimal gelöst, da man den Druckschlauch leicht verliert und damit auch der Splint verloren gehen kann. Ich habe aber gerüchteweise gehört, dass es hier bald eine andere Lösung geben wird. Zweitens finde ich, dass der Splint zur Ablösung der Kitesafety-Leach in einer Notsituation sehr schwer zu greifen bzw. zu ziehen ist. Hier sollte vielleicht vom Hersteller eine Reißleine o.ä. angebracht werden, die einfacher zu erreichen ist. Wenn man den Splint beim Herausziehen verkantet, muss man einiges an Kraft aufwenden. Drittens sind die Kräfte beim Heranziehen der Lenkstange konstruktionsbedingt durch die beiden Frontleinen (-löcher) etwas höher als bei anderen Lenkstangen.
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Preis:
Der Preis von 189€ für die komplette Lenkstange plus 75€ für einen Leinensatz vom http://www.kiteproshop.com ist angemessen und herkömmliche Lenkstangen mit Leinensatz plus extra Wichardhaken kosten unwesentlich weniger. Dafür bietet die Kiteproshop-Kitebar eine weitaus komfortablere Safety-Funktion, als herkömmliche Lenkstangen. Ersatzpowertampen kosten 25€.
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Fazit:
Bei der Kiteproshop-Kitebar hat man das Gefühl, dass sich die Leute vom http://www.kiteproshop.com, Gedanken gemacht haben, um eine gute Lenkstange auf den Markt zu bringen. Diese Lenkstange bietet alle Safety-Funktionen, die man als verantwortungsbewusster Kitesurfer haben muss. Die Kombination eine Frontleine als Kitesafety-Leach zu verwenden ist zwar nicht neu, wurde aber in dieser Form bisher noch nicht eingesetzt. Die Entdrehfunktion der Frontleinen bzw. Depowerleinen ist genial und ich möchte darauf nicht mehr verzichten. Der Vorteil dieser Funktion überwiegt bei weitem den Nachteil der getrennten Adjusterfunktion an den Backleinen. Die Kiteproshop-Kitebar kann man allen Kitern empfehlen, die über die absolute Anfängerphase hinaus sind. Das Einzige, was mit dieser Lenkstange nicht möglich ist, sind Sprünge, bei denen man nicht im das Trapez eingehängt ist und "handle-passes". Ingesamt eine rundum gelungene Lenkstange, der man viel Erfolg wünschen kann.
Chris Nickel
cnickel@kitesurfstudie.de
thx to kitesurfing-kiel.de for text and pictures.